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Muster_Haus
Vernissage: Sa, 19. Nov. 2016, 18 Uhr
Ausstellungsende: 23. Dez. 2016
Öffnungszeiten: Mi, Do, Sa 10 – 12 Uhr & 16 – 18 Uhr, Fr, So 18 – 20 Uhr, sowie nach Vereinbarung: 0664/56 59 599
Max Denzer, Sabine Effinger, Ingrid Gaier, Leena Naumanen, Anna Birgit Kontriner
Die Ausstellung „Muster_Haus” vereint verschiedene Bereiche des „Häuslichen”. Nach der Kleidung als zweiter Haut des Menschen gilt die Behausung als dritte Haut. Der Begriff des Hauses beinhaltet auch vielfach textile Alltagskultur.
Die Textilsammlerin Inge Bösch stellt ein mit Indigo gefärbtes, japanisches Alltagstextil, einen Futonüberzug als Motto für diese Ausstellung zur Verfügung. Das Muster des Textils ist ein faszinierendes Beispiel von perfekter Balance zwischen Ornament und Inhalt.
Die Arbeiten der eingeladenen KünstlerInnen – Max Denzer/AT, Sabine Effinger/D, Anna Kontriner/AT und Leena Naumann/FIN,AT – die aus völlig verschiedenen Bereichen kommen, bilden eine Gegenüberstellung bzw. ein In-Beziehung-Treten zum japanischen Textil. Sie zeigen eigenwillige Interpretationen und Zugänge zum „Muster_Haus” aus dem Bereich der Gegenwartskunst. (Ingrid Gaier)
Max Denzer kommt aus der Architektur. Für ihn ist die Pagoden- und Hausform als Ganzes von Interesse. Er arbeitet mit dem Begriff Konnyaku. Er bezeichnet die Kombination zweier gegensätzlicher Eigenschaften. Flexibilität und Festigkeit, wie sie die traditionellen Pagodenbauten Japans aufweisen. Eigenschaften, die auch im Zusammenhang mit der Geschichte Japans gesehen werden können, der erzwungenen Öffnung des Landes im 19. Jahrhundert und den damit einher gehenden Änderungen, der Integration fremder Einflüsse. Die Serie Konnyaku versucht eine Annäherung an diesen Wandel in drei Ansichten einer Pagode, in denen traditionelle, technische und natürliche Elemente zueinander in Bezug gesetzt werden, die das Gebäude auf unterschiedliche Art und Weise abbilden.
Sabine Effingers Ansatz ist eine universale Darstellung des Webstücks. Es ist aufgeladen mit guten Wünschen – Wünschen, die Menschen länderübergreifend einen. Und hier kommt die Anknüpfung an die „digitale” Anmutung des Webstücks: Der Binärcode ist die Basis der universalen Computersprache, er weist jedem Schrift- und Satzzeichen sowie jeder Zahl eine Zahlenfolge zu, die aus Nullen und Einsen besteht. Ein internationaler Computer-Code, in dem die Zeichen aller Sprachen digital abbildbar sind, ist UTF8. Die beiden in das Ausgangswebstück eingearbeiteten Kanji hat sie dem UTF8 als binäre Zahlenfolge entnommen.
米 = UTF8 = E7B1B3 = 111001111011000110110011 (reiche Reisernte)
寿 = UTF8 = E5AFBF = 111001011010111110111111 (langes Leben)
Die beiden Zahlenabfolgen wurden im Wechsel auf die Tafeln aufgetragen. Auf die Holztafeln ist schwarzer Schultafellack auftragen, der geschliffen und poliert wurde, die Zahlenreihen sind in den Lack geschnitten. In dieser Zahlenabfolge entsteht ein je eigenes Muster, das Muster ist abstrakt und vermittelt sich über Verdichtungen und Leerstellen in der schwarzen Oberfläche. Es entstehen wiederum „stoffliche” Eindrücke – und durch das Eingeschnittene eine gewisse Haptik. Es sind vier Tafeln, alle den Maßen des Webstücks entsprechend, Breite 32 cm und Höhe 162 cm. Vier Tafeln, weil für einen Futon oder einen Kimono in der Regel vier Stoffstreifen verarbeitet worden sind.
Ingrid Gaier umfasst die Ausstellung in einem bildnerischen Kommentar in Form des Galeriengrundrisses. Die Grafik beinhaltet die technischen und inhaltlichen Eckpunkte des japanischen Textils, das als Ausgangspunkt der Ausstellung diente.
Anna Kontriner kommt ebenfalls aus dem Textilbereich. Sie greift das Thema des blauen Textils auf und baut ein Schutzobjekt, in dem sie aufrecht stehen kann. Das Objekt schützt und ummantelt und verbirgt denjenigen, der Schutz sucht. Es ist gleichzeitig eine Hülle und ein Kokon. Dieser „Eigenraum”, der textile Fragilität und Mobilität verknüpft mit dem Eindruck des „baulichen, stabilen” eines (archaischen) Bauwerks stellt sich mit seiner Form und Farbgebung in den Kontext des Kontemplativen Seins und der Innenschau des Individuums.
Sie stellt dem blauen textilen Gehäuse einen Text des indischen Mystikers Kabir sowie eine poetische Kleinskulptur zur Seite mit der Frage nach dem „Zuhausesein” des Einzelnen in sich selbst, in der materiellen und geistigen Welt.
Leena Naumanen kommt aus dem textilen Bereich. Für sie ist das Material von enormer Bedeutung. Seit den 80-erjahren beschäftigt sie sich mit dem Werkstoff Holz in Form von finnischen Dachschindeln. Die Holzteile mit ihren Verwitterungsspuren zeigen die Vergänglichkeit und den Zeitfaktor. Die gemalten Streifen legen über die verwitterte Oberfläche eine neue Textur und definieren damit die Zeitstruktur neu. Das Bild an der Stirnseite zum Eingang besteht aus Vertikalen und Horizontalen und zeigt eine Webstruktur. Kette und Schuß als vertikale und horizontale Linien sind uralte Symbole für Himmel und Erde. Leena Naumanen interessiert dabei vor allem die Zwischenräume, die entstehen, wenn diese Richtungen eine Verbindung eingehen und damit Neues entsteht.
Fotos oben:
Max Denzer
Japanisches Textil
Japanisches Textil Detail
Anna Kontriner
Leena Naumanen
Sabine Effinger
Bilder der Eröffnung und Ausstellung: